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PIANO
April 2003

Höreindruck
CDs des Doppelmonats

Kaikhosru Sorabji
Transkriptionen und Eigenkompositionen für Klavier
Michael Habermann, Klavier
BIS-CD-1306
(Vertrieb: Klassik Center Kassel)

Hans-Dieter Grünefeld

Die Menge der Noten (11.000 Seiten) steht in krassem Missverhältnis zum Bekanntheitsgrad des Komponisten Kaikhosru Sorabji (1892-1988). Zu erklären damit, dass der Exzentriker die meisten Werke, insbesondere für Klavier, unter Verschluss hielt. Nur ihm genehme Pianisten erhielten die Erlaubnis für öffentliche Auffuhrungen.

Deshalb sind die von Michael Habermann ausgewählten Titel bis auf eine Ausnahme CD-Weltpremieren. Der Stil von Kaikhosru Sorabji ist wuchernd wie sein Arbeitspensum. In Transkriptio­nen hat er seine Fantasie ausschweifen lassen, so dass die ,,Rhapsodie espagn­ole" von Maurice Ravel zu einer extre­men Potenzierung des Originals gewor­den ist. Urn die trägen Ostinati des Pré­lude rankt sich in wechselndem Wachs­tumstempo enormes Tonefeu, und die Feria ist wie ein Tanz auf dem Virtuoso-Vulkan.

Die kleine Melodie der Barcarolle aus „Hoffmann Erzählungen" von Jacques Offenbach lugt in den ,,Passegiatta Veneziana" immer wieder hervor: in den schwebenden Regenbogenfarben aller Register der Introduktion, in der frech hüpfenden Tarantella and in der friedli­chen Ripresa. Das Finale der ,,Sonate Nr. 2" von Frederik Chopin wird zu einer fast jazzigen Staccato-Hetzjagd verformt und dessen ,,Minutenwalzer" als Pasticcio capriccioso in Nanowerten aufgerippelt. Auch die „Chromatische Fantasie and Fuge" von J. S. Bach hat Sorabji mit Or­namenten geschmückt, doch den Cem­baloklang in der Fuge durch raffinierte Anschlagtechniken des Klaviers nach-empfunden. Eine geniale „Übersetzung" dieses Werkes in die Gegenwart.

Die Schwierigkeiten der Interpretation sind immens. Kaikhosru Sorabji baute eben gern Klavierlabyrinthe, and Michael Habermann hat den Ariadnefaden, um sich darin nicht zu verirren.


Copyright ©2003 by Hans-Dieter Grünefeld, all rights reserved.
Reprinted by permission